Von Prim. Univ. Prof. Dr. Walter Hasibeder
Untersuchungen vergangener Jahre haben gezeigt, dass schwangere Frauen einen deutlich erhöhtes Risiko für schwere Infektionsverläufe bei Infektionen mit Grippeviren, Hepatitis E-, Herpes Simplex Viren, Listerien und Malaria Infektionen haben. Während der Grippepandemie von 1918-1919 (Spanische Grippe) starben 27% aller infizierten schwangeren Frauen. Schätzungen gehen davon aus, dass in dieser Zeit etwa 500 Millionen Menschen weltweit an der Grippe erkrankt sind und ca. 50-100 Millionen Menschen an dieser Erkrankung gestorben sind.
Während der Grippewelle 2009 mit dem H1N1-Virus (häufig als “Schweinegrippe” bezeichnet) wurden ebenfalls besonders schwere Krankheitsverläufe in der Schwangerschaft berichtet. So betrafen 5% aller berichteten Todesfälle in den USA schwangere Frauen. Auch in Österreich wurden besonders schwere Krankheitsfälle in der Spätschwangerschaft beobachtet. Bei fast allen Betroffenen waren krankheitsspezifische Veränderungen der Lunge, mit schweren Sauerstoffmangelzuständen, Hauptursache für lange Intensivaufenthalte, Verlust des Kindes und Todesfälle. Verschiedenste Studien zeigen eindeutig, dass diese verheerenden Verläufe durch eine Grippeimpfung von Frauen im gebärfähigen Alter vermeidbar gewesen wären.
Infektionen mit Hepatitis E sind eine der häufigsten Ursachen für Tod in der Schwangerschaft und vorzeitigen Kindsverlust in asiatischen Ländern, Afrika und dem Mittleren Osten. In einem Bericht aus Indien wurde bei 43% der mit Hepatitis E erkrankten, schwangeren Frauen ein schwerster Krankheitsverlauf beobachtet. Auch bei der primären Infektion mit Herpes Simplex Viren scheinen Frauen besonders in der Spätschwangerschaft prädisponiert für schwere Infektionsverläufe zu sein.
Leider kennen wir bis heute die exakten Ursachen für die erhöhte Empfindlichkeit der Schwangeren gegenüber bestimmten Pathogenen nicht im Detail. Die frühere Annahme, dass Schwangerschaft generell zu einer Unterdrückung der normalen Immunmechanismen führt, um den sich in der Gebärmutter entwickelnden Fetus nicht abzustoßen, scheint jedenfalls nicht mehr haltbar zu sein. Offensichtlich führt eine Schwangerschaft zu bestimmten Veränderungen in der Immunzell-meditierten Infektionsabwehr, die zumindest teilweise die auffällig erhöhte Empfindlichkeit gegenüber bestimmten Krankheitserregern erklären soll. Infektionen mit Listerien, einem Bakterium das besonders über bestimmte Nahrungsmittel (z.B. Weichkäse) aufgenommen werden kann oder Infektionen mit Malaria falciparum scheinen über Ihre Affinität zur Plazenta der Schwangeren den Erkrankungsverlauf ungünstig zu beeinflussen. Die von den Erregern befallene Plazenta bildet zahlreiche pro-inflammatorische Botenstoffe, die durch Auslösen einer heftigen Immunantwort in der Mutter zur Zerstörung der Plazenta und dem vorzeitigen Absterben des Fetus aber auch zu schweren Erkrankungsverläufen bei der Frau führen kann.
Derzeit erscheinen Impfungen vor und in der Schwangerschaft der beste Schutz vor schweren Krankheitsverläufen zu sein! Leider ist dies derzeit nur für die saisonale Grippe möglich. Die Vorteile einer Impfung erstrecken sich dabei nicht nur auf die Mutter sondern auch auf den sich entwickelnden Fetus, da im Falle einer Infektion, Entzündungsreaktionen in der Plazenta ausbleiben oder zumindest nur abgeschwächt ablaufen.
Es bleibt zu hoffen, dass zukünftig Impfstoffe auch gegen Herpes Simplex Viren, Hepatitis E Viren und vielleicht Malaria Erregern entwickelt werden, um diese Infektionskrankheiten bei Schwangeren und Kindern verhindern zu können.
Literatur:
1) Kourtis A.P., Read J.S. Jamieson D.J. Pregnancy and Infection. NEJM 2014;370:2211-2218
2) Fineberg H.V. Pandemic Preparedness and Response – Lessons from the H1N1 Influenca of 2009. NEJM 2014;370:1335-1342