von Prim. Univ.-Prof. Dr. Walter Hasibeder und Prim. Univ.-Prof. Dr. Ewald Wöll
Weltweit sind systemische, schwere Infektionen eine der häufigsten Todesursachen. Schätzungen gehen davon aus, dass pro Jahr ca. 30 Millionen Menschen an schweren systemischen Infektionen, die von uns ÄrztInnen als “Sepsis” und im Volksmund oft fälschlich als „Blutvergiftung“ bezeichnet werden, erkranken. Die Sepsis mit ihren verschiedenen Schweregraden tötet ca. 8-10 Millionen Menschen pro Jahr.
In einer gerade publizierten Studie aus British Columbia in Kanada berichten Adam Linder und seine Mitarbeiter über die Langzeitprognose von jüngeren, vorher gesunden Menschen, die wegen schwerer Sepsis oder einem durch Sepsis verursachten Kreislaufversagen (= septischer Schock) in Intensivstationen des Landes behandelt wurden. PatientInnen ohne Vorerkrankungen, die wegen einer schweren Sepsis oder septischem Schock behandelt wurden, hatten über einen Zeitraum von 10 Jahren verglichen mit der Normalbevölkerung von British Columbia eine deutlich erhöhte Sterberate. Das Risiko für PatientInnen unter 60 Jahren in den nächsten 10 Jahren nach der Infektion zu versterben war gegenüber der altersentsprechenden Normalbevölkerung 18mal höher. In der Diskussion des Berichts stellen die Autoren fest, dass eine schwere Sepsis oder ein septischer Schock unsere Überlebenskurve auf das Niveau eines um ca. 14 Jahre älteren Menschen verschiebt. Über diese Ursachen können derzeit nur Spekulationen angestellt werden. In der Vergangenheit haben unterschiedliche Untersuchungen bleibende Organschädigungen und veränderte Immunabwehrmechanismen bei PatientInnen nach schweren Infektionen nachweisen können. Dies könnte die Ursache für eine verminderte Kompensationsfähigkeit an zukünftige Erkrankungen sein, die zu früheren Todesfällen führt.
Quelle: Linder A, und Mitarb. Long-term (10-Year) mortality of younger previously healthy patients with severe sepsis/septic shock is worsethan that of patients with nonseptic illness and the general population. Crit Care Medicine 2014:e-pub ahead of print
Anmerkung der Verfasser:
Trotz der Häufigkeit schwerer Infektionen auch in unserem Land wird die Bedeutung und Gefährlichkeit dieser Erkrankungen sowohl von der Öffentlichkeit als auch von der Gesundheitspolitik zu wenig beachtet. Wir werden deshalb in zukünftigen Beiträgen besonders über die Frühsymptome und über die Wichtigkeit der raschen Diagnose und Behandlung berichten. Denn: Alle Berichte der letzten Jahre zeigen, dass die Prognose schwerer Infektionen ganz wesentlich von der raschen Erkennung und der sofortigen Einleitung einer adäquaten, oft interdisziplinär durchgeführten Therapie abhängig ist!