Von Univ. Prof. Dr. Walter Hasibeder, Univ. Prof. Dr. Ewald Wöll, Univ. Doz. Dr. Peter Sandbichler, OA. Dr. Hans Schönherr
Bereits im Jahr 2012 berichtete eine Studie, dass regelmäßiger Sport die Lebenserwartung von Menschen um durchschnittlich 4,5 Lebensjahre verlängert. Dieser Effekt war unabhängig vom aktuellen Körpergewicht und konnte bei Normalgewichtigen und adipösen Menschen (BMI > 35) gemessen werden. Unter regelmäßigem Freizeitsport wurde in dieser Studie eine moderate Belastung von mindestens 2,5 Stunden pro Woche und eine intensive Belastung von mindestens 1,25 Stunden pro Woche verstanden. Die letzteren Belastungsangaben entsprechen z.B. 2,5 Stunden schnellem Gehen/Woche und 1,25 Stunden Lauftraining oder intensiveren Radfahrens/Woche bzw. einem zusätzlichen Wochenkalorienverbrauch von ca. 2000kcal.
Eine neue Untersuchung in der Zeitschrift “JAMA Internal Medicine” beantwortet die wichtige Frage ob noch mehr Sport einen zusätzlichen Effekt auf die Lebenserwartung hat und ob es eine Belastungsgrenze gibt, wo zu intensiver Sport möglicherweise nachteilige gesundheitliche Effekte hat und somit auch lebensverkürzend wirken kann. Letztere Hypothese geht auf die Beobachtung von gelegentlich auftretenden plötzlichen Herztodesfällen bei Extremsportlern zurück.
In die Studienanalysen wurden Daten von insgesamt 661137 Menschen inkludiert. 116686 Menschen sind in einem Beobachtungszeitraum von 11 Jahren verstorben. Verglichen mit unsportlichen Menschen hatten Personen die regelmäßigen, moderaten Freizeitsport betrieben (= zusätzlicher Wochenkalorienverbrauch von ca. 2000kcal) ein um 20% vermindertes Sterberisiko im Beobachtungszeitraum. Eine Verdoppelung der Intensität der sportlichen Aktivitäten (zusätzlicher Wochenkalorienverbrauch von ca. 4000kcal) verminderte das Sterberisiko im Beobachtungszeitraum um 31%. Eine Steigerung um das 3-5-fache des empfohlenen Mindestmaßes an körperlicher Betätigung hatte zwar noch einen mortalitätssenkenden Effekt (bis maximal 8%), der aber im Vergleich zu den Effekten in den anderen beiden Belastungsgruppen als moderat zu bezeichnen ist.
Damit zeigt diese Untersuchung eindeutig dass:
1) Die derzeitigen Empfehlungen zum Mindestmaß an wöchentlicher sportlicher Betätigung den größten Effekt bezüglich eines Langlebigkeit haben, d.h. das Sterberisiko über einen Zeitraum von ca. einem Jahrzehnt, vermindert sich um ca. 20% verglichen mit Menschen die nicht regelmäßig Sport betreiben!
2) Eine Steigerung der sportlichen Aktivität hat durchaus noch zusätzliche lebensverlängernde Effekte hat, die aber mit zunehmender Belastungsintensität kleiner werden.
3) Extreme sportliche Aktivität weist keinerlei Nachteile in Bezug auf Langlebigkeit auf.
Somit steigert regelmäßiger Sport nicht nur die persönliche Lebensqualität, sondern nachweislich auch die Lebenserwartung. Die vorliegende Studie weist eine eindeutige Beziehung zwischen dem Ausmaß bzw. der Intensität der wöchentlichen körperlichen Betätigung und der Lebenserwartung nach, wobei der Effekt bei hoher Belastungsintensität zunehmend abflacht.
Diese und andere Untersuchungen zum Effekt regelmäßiger sportlicher Betätigung auf z.B. psychische Belastbarkeit und das persönlichen Wohlbefinden sollten, gerade in der heutigen Zeit, höchste politische Brisanz haben. Regelmäßiger Sport sollte präventiver Bestandteil der Erziehung unserer Kinder und ein wichtiger Lebensbereich des Erwachsenenlebens sein. Zahlreiche Zivilisationserkrankungen lassen sich durch regelmäßige Bewegung verhindern oder zumindest in ihrer Erkrankungsschwere bessern. Nach Meinung der Autoren des Artikel müssten entsprechende politische Maßnahmen und Programme in den Familien ansetzten und über das gesamte Menschenleben fortgeführt werden. Präventive Maßnahmen haben zwar oft keinen direkten und sofort messbaren finanziellen Effekt. Sie lassen aber bereits nach wenigen Jahren einen deutlich kostendämpfenden Effekt im kurativen Bereich unseres Gesundheitssystems erwarten.
Literatur:
1) Arem H, Moore SC, Patel A, et al. Leisure time physical activity and mortality. A detailed pooled analysis of the dose-response relationship. JAMA Int Med. 2015;175:959-967
2) Moore SC, Patel A, Matthews CE, et al. Leisure time physical activity of moderate to vigorous intensity and mortality: A large pooled cohort analysis. PLOS 2012;9:e1001335